MadStop@Loser's_Paradi.se

nach einer wahren Geschichte aus der nahen Zukunft

(c)2008 by Sebastian Swampdiver

weitergesponnen und zu Ende erzählt von Rüdiger Schnürschuh

zu Teil eins

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20


Die nächsten zwei Tage mied ich die Nähe der Hotel-Gemeinde. Ich blieb auf meinem Zimmer, las, sah fern, rief Clara-Vera an, kam nicht durch ...

Am dritten Tag erreichte mich eine e-mail vom Chef. Darin stand: “Schicke demnächst k.-k. als Verstärkung. Warten sie weitere Instruktionen ab. Ende. Chef.“

Zuerst wollte ich nicht glauben, was da so schwarz auf grau auf dem Schirm prangte, dann hätte ich fast gelacht wie seit Jahren nicht mehr, dann zog ich mich doch lieber an, verliess mein Zimmer und ging über den Flur geradewegs zur Tür von Brabazons Eremitenklause. Ich klopfte an und siehe, mir wurde aufgetan binnen weniger Sekunden. Im Türrahmen aber stand der Diakon und lugte überrascht auf meine weltliche Erscheinung.

Ich brauche unbedingt geistlichen Beistand!“, sagte ich.

Aber kommen sie doch herein, mein lieber Heidenfreund“, improvisierte er gekonnt und liess seinen Trockenrasierer in der linken Morgenmanteltasche verschwinden, “ich habe mir soeben eine köstliche Kanne Tee aufgebrüht und würde mich freuen, Ihnen davon anbieten zu dürfen ...“

Danke nein“, lehnte ich rundheraus ab, “teetrinken erinnert so fatal an abwarten und genau das ist mein Problem.“

Aber wir alle müssen warten, mein Sohn. Auch ich kenne dieses Problem sehr gut ...“

Quatschen Sie nicht, Brabazon!“, fuhr ich dazwischen, “Brabazon, oder wie auch immer Sie heissen mögen! Wie heissen Sie denn eigentlich wirklich? Und was soll dieses ganze Theater?“

Nun, mein wahrer Name sei Karl-Josef von Schall und Rauch und mein irritierendes Auftreten hierselbst ist alles andere als Theater“, kam die Antwort schnell und unaufgeregt. “Und wie ist denn eigentlich Ihr name?“

Ich liess meine Mundwinkel nach oben wandern: “Ich bin der Mann ohne Namen. Schon vergessen? Ich bin Geheimagent!“

Sie sind allenfalls ein Komiker ohne Namen!“, kam die vernichtende Replik, “und Ihre Geheimagentennummer dürfte irgendwo im Bereich unterhalb von Null Komma Null Null Sieben rangieren ...“

Mit der Lizenz zum Totlachen“, entgegnete ich aus dem Stegreif, endgültig auf einem kreativen Tiefpunkt angelangt.

Also, was wollen Sie denn nun eigentlich wirklich, mein lieber Mann?“, tönte es sanft aus dem Sessel.

Zunächst möchte ich mal wissen, wieso Sie sich dermassen flott abgeseilt haben, bei Ihrem Inselsportfest!“, fauchte ich.

Ach das, je nun! Wissen Sie denn gar nicht, wen Sie da so vehement beleidigt haben? Das war der Regensburger Weihbischof Koppernagel, höchstpersönlich! Eine ganz grosse Nummer im internationalen Kirchengefüge!“

Seit wann rennt denn der eine Heilige vorm anderen davon?“

Ach, so dürfen Sie das nicht sehen. Es war mir nur etwas peinlich, wie sie beide da zusammengerauscht sind, und ich sah im Augenblick halt einfach keine Möglichkeit, schlimmeres zu verhüten.“

Wissen Sie was?“, hakte ich energisch nach, “das ist doch alles Blödsinn, was sie da erzählen.“

Naja“, lächelte Brabazon milde, “es ist halt so: der Mann vergisst wirklich niemals ein Gesicht - da kann es schon passieren, dass Sie eines fernen Tages ganz unversehens an ihre alten Sünden erinnert werden ...“

... und dann werde ich wahrscheinlich mit Betonschuhen im Weihwasserbecken versenkt ...“

Jetzt lachte er leise.

Nun, warum auch nicht? Ich sehe schon, Sie überschätzen da ganz gewaltig die Untiefen der christlichen Zubehörartikel. Aber Sie haben mich auf eine Idee gebracht ...“

Er beugte sich leicht nach vorn.

Sie sind ja angeblich hier, um geistlichen Beistand zu erhalten, obwohl mir immer noch nicht recht klargeworden ist, in welcher Angelegenheit denn eigentlich. Nun, auch ich brauche Beistand. Kriminologischen. Kurz gesagt: ich möchte Sie engagieren!“

Damit hatte ich nun eher nicht gerechnet.

Sie wollen einen namenlosen Komiker engagieren? Ist ihr Problem dermassen lächerlich?“, umkreiste ich Brabazons Vorschlag mit einer gewissen Skepsis.

Ach, das war doch nur Rhetorik. Seien wir einfach mal ehrlich: Sie sind hier, um mich zu verarschen und ich ergreife die günstige Gelegenheit und versichere mich Ihrer Dienste. Natürlich nur, wenn Ihre Zeit das zulässt.“

Ich lachte kurz und bündig: “Also ein kleines bisschen Zeit könnte ich mir eventuell noch abringen! Um was geht es denn in Ihrem fall?“

Oh, ich würde ihn ’der Fall des unverstandenen Gedichtes‘ nennen. Das sollte Sie doch interessieren, oder?“

Na und wie“, lästerte ich in gewohnter Klasse, “schliesslich verfasse ich über meine Fälle ja ständig Gedichte, eins unverstandener als das andere. Also ein bisschen mehr müsste ich schon wissen, ehe ich Ihnen zusagen kann.“

Eine wahrhaft unchristliche Lüge!

Sicher, aber nicht jetzt!“, fuhr Brabazon unbeeindruckt fort, “ich habe jetzt Verpflichtungen, die ich leider nicht aufschieben kann. Treffen wir uns doch heute Abend so gegen acht, unten in der Lobby.“

Er blickte kurz zum Himmel, der sich irgendwo über dieser weissgestrichenen Zimmerdecke ausbreiten musste. “Wenn ich dann noch lebe ...“, sackte er in professionelles Kanzelpathos ab. Das kam derart unerwartet, dass ich mich fast verschluckt hätte. Hoffentlich hatte er das nicht bemerkt.

Nein nein, war nur Spass! Es handelt sich um eine eher harmlose Geschichte. Also dann, bis heute abend?“

Ich nickte knapp und unverbindlich. Immerhin, ich würde da sein. Schliesslich hatte mr.B ja mein Problem bereits gelöst, indem er mir seins aufbürdete ... so trug denn der eine des anderen Last ... Oops, hätte Wilma jetzt sicherlich gesagt und ich hätte den Faden weitergesponnen: bin ich als Heidenkind ganz unerwartet etwa noch der bessere Christenmensch?




  

  (fortsetzung folgt)

 

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