H O M E

D E R   N E R V E N S Ä G E N R E P O R T

 

 

Teil EINS:

Jürgen Klinsmann

 

 

 

Strahlemann goes Lichtgestalt?

 

eine Jeremiade

 

von Pastor Plumbert van Dorsch

 

 

 

Die Älteren unter uns werden sich wohl nicht mehr so genau erinnern, alle anderen aber nur zu gut: Ein Dreigestirn von seltener Einfaltigkeit lenkte das deutsche Fussballuniversum zu Beginn des Jahres 2005 –  ein Kaiser, ein Titan, ein Rudi Völler!

Der letztere hatte soeben die Europameisterschaft furios vergeigt, alles hingeschmissen und  obendrauf noch das Handtuch geworfen, nichtsdestotrotz aber einen derart umjubelten Gastauftritt bei “Wetten dass ...“ hingelegt, dass es einem ganz feucht um die Augen werden konnte. Der Titan? Hatte doch bei der EM gehalten, was nur übermenschenmöglich war. Und der Kaiser – hatte der nicht immerhin die WM2006 nach Deutschland geholt? Irgendwie?

Doch es half ja alles nichts: der deutsche Fussball steckte im tiefsten Jammertal seit der Regentschaft Erich Ribbecks, daran gab es einfach nichts zu rütteln.

Ja, in einem derart tiefen Loch schien der Fussball versackt zu sein, dass niemand, aber auch wirklich niemand sich berufen fühlte, ihn wieder an die Oberfläche zu zerren. Bis auf einen ...

Der jedoch liess sich von einer “Trainerfindungskommission“ nur zu gerne auf den Schild heben! Trainerfindungskommission meint hier in erster Linie Trainerfindungsgang: den Schwaben Meyer-Vorfelder, der den Schwaben Klinsmann ins Boot hievte, welcher sogleich den Schein-Schwaben Löw als Lotsen, Maat und Smutje mit an Bord nahm. Drei bodenständige Schwaben auf einem abgesoffenen Schiff; schon seltsam, wie das Leben manchmal so spielt. Sogleich wurde Revolutionäres angedacht und ausgesprochen: nichts weniger als der gesamte DFB sollte umgekrempelt werden, verkrustete Strukturen aufgebrochen, eingefahrene Misstände hinweggefegt ...

Mit "Mission WM2006" erhielt das alles zwar einen würdigen und wuchtigen Titel, aber im Grunde ging es ab sofort nur noch um eins: die Mission Klinsmann. Und hatte man sich mangels Alternativen gerade erst angewöhnt, von der Mannschaft als dem Star zu sprechen, war auch das alsbald hinfällig. Star war jetzt nur noch einer  - der Trainer. Und dem war das offensichtlich gar nicht so unrecht.

Wären da bloss nicht diese drei strahlenden Heldengestalten gewesen, beziehungsweise deren lange, lange Schatten.

 

 

Der kleinste der Grossen Drei war – Kunststück! -  am schnellsten zu erledigen: Rudi Völler, geschätzt und geliebt vom Volk als der nette Kumpel von nebenan, der in fast jeder Situation noch bis drei zählen kann. (Was ja eine gigantische Projetionsfläche fürs eigene Ego bietet, andererseits jedoch immerhin zum Einwechselspieler abzählen qualifiziert; ein Umstand, den man niemals unterschätzen sollte.)

 

Und bereits dieses eigenartige Gezerre um den Standort des DFB-Stützpunkts, der ursprünglich in Leverkusen geplant war, bedeutete nichts anderes als ein ersten Anrennen gegen die alten Götter: mal war der Platz zu hart, mal war er zu kurz, eines aber war er immer und unausweichlich: Völler-Gebiet! Denn das muss man sich mal vorstellen – unten auf dem Rasen trainiert der neue Chef die Mannschaft und oben auf der Tribüne kommentiert locker und launig der alte das Geschehen in die Kameras ...  

Ein klarer Fall also für das aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Prinzip: die Karawane zieht weiter, sie zieht nach Berlin, Rudi Völler dagegen grätscht ins blanke Abseits und tschüss!

 

Der zweite Fussballgott war da schon von anderem Kaliber - der einzige Stammspieler einer desolaten Nationalmannschaft, dem man für die Pleiten der letzten Jahre nichts, aber auch gar nichts hatte anhängen können. Olli Kahn - der Titan. Der letzte aktive Stern am deutschen Kickerhimmel! (Ballack galt damals noch nicht als Weltklassespieler - vielmehr musste er sich nach einem Spiel gegen Frankreich von einem TV-Journalisten folgendermassen verarschen lassen: Journalist: “Was sagen sie zum starken Auftritt von Zidane?“ Ballack: “Ja, der Zidane, das ist einfach ein Weltstar ...“ Journalist: “Im Gegensatz zu Ihnen?“ Ballack: grinst und trollt sich. Dabei hätte er doch nur zu sagen brauchen: “Nein, im Gegensatz zu IHNEN!“ und die Welt wäre wieder in Ordnung gewesen. Grinsen hätte er ja trotzdem können.)

 

Der Kaiser aber war der Allergrösste der Grossen Drei. Als nationale Lichtgestalt verströmte er milde seinen Glanz in alle Richtungen, war beliebt bei Gross und Klein, Jung und Alt, Dick und Doof. Dem Zeitgeist immer hart auf den Fersen, war dieser Strahletyp nun wirklich alles andere als der Mann mit der Laterne! (Bei soviel Genialität musste es fast schon zwangsläufig den geborenen Antipoden geben und den gab es natürlich auch: Berti Vogts! Aber davon später ...)

Darüberhinaus war und ist der Kaiser der einzige Sterbliche, der sich selbst transzendieren kann. Und wenn er betont, dass es für ihn nicht ungewöhnlich ist, heute ganz anders als gestern übers gleiche Thema zu reden, verweist er faustisch auf die Relativität aller wörtlichen Rede: Was zählt ist die Substanz und die ist halt eh nur schöner Schein. Wie will man gegen so einen antreten? Man versucht es erst gar nicht!

Kannst du deinen Rivalen nicht besiegen, tu so, als gäbe es ihn nicht. Lass ihn gekonnt links liegen, bleib sparsam mit Kommentaren und vertraue einfach darauf, nach einem siegreich beendeten Turnier auf dieselbe Stufe wie die grosse Lichtgestalt gestellt zu werden.

Gesagt - getan! Und dem deutlich jüngeren Klinsmann eröffneten sich da schliesslich die allerschönsten Aussichten ...

 

 

Doch zurück zu Olli Kahn, Kapitän des DFB-Teams, geschätzt in aller Welt, als bester Spieler der WM’02 nahezu unangreifbar, unverletzlich, täglich wie frisch in Drachenblut gebadet!

Da hiess es schon weitaus tiefer in die Trickkiste greifen ...

Schritt eins kam ganz unverfänglich daher: die Entbindung des Kahns von der Last des Kapitäns. Und warum? Weil halt ein Feldspieler so viel besseren Überblick aufs Spielgeschehen habe, während der Torwart doch immer nur da hinten rumsteht ... und, nein: als Degradierung dürfe das selbstverständlich keinesfalls verstanden werden, nichts als Normalität, die wieder Einzug halten müsse ins Team und überhaupt wäre es auch viel besser, einen allgemeinen Konkurrenzkampf zu eröffnen, ja, natürlich auf allen Positionen, Konkurrenz belebt das Geschäft, stärkt die Konzentration und schärft die Spielintelligenz, besonders aber die der Torhüter – mit einem Wort, von diesem Zeitpunkt an war absolut klar: wer immer das deutsche Tor während der WM hüten würde - Kahn jedenfalls nicht! (Eine Torwartrotation gab es weder vorher noch nachher noch sonst irgendwann in irgendeinem zivilisierten Universum.)

 

Aber was für eine böse, charakterlose Aufführung! Ein ganzer Planet (und wer weiss, wer sonst alles noch!) wurde Zeuge eines first-class Mobbings und konnte trotzdem nichts dagegen tun. Und was für ein infames Ende der Geschichte! Nach einer monatelangen Leidenszeit lässt sich Kahn, um nur ja keine Schwäche zu zeigen, für ein Spiel gesundspritzen, wirkt aber in der Partie wie partiell abwesend, begeht einen haarsträubenden Fehler und ... liefert seinem Peiniger einen Elfmeter frei Haus ... 

Sehen Sie: ich bin ja nur ein ganz einfacher Pastor ... ich misch mich nicht unnötig ein in die Belange der Reichen, Erfolgreichen und Supererfolgreichen! Aber es will mir doch scheinen, als wäre hier das Gebot aller Gebote, das erste nämlich, das mit dem “keine anderen Götter haben neben mir“, in geradezu mustergültiger Weise umgesetzt worden. Freilich – und das dürfte der Haken bei der Sache sein: es will mir auch scheinen, als habe Glaubensbruder Klinsmann das kleine Wörtchen "mir" dann doch eine Spur zu sehr auf sich selbst bezogen ...

 

Sicher: auch und gerade als Fussballgott will man keine anderen Lichtgestalten haben neben sich. Das ist doch ganz natürlich! Aber sollten wir nicht immer auch den Balken im Auge des anderen sehen, auch und gerade wenn wir den Splitter des Ehrgeizes in uns wüten fühlen?

Auch hier lohnt sich der Blick über die Werbebande auf das Volksidol Beckenbauer, das bescheiden in seiner Loge thront und von Anfechtungen wie Neid, Missgunst, Eifersucht meilenweit entfernt ist, weiss er doch immer und zu jeder Stunde: es gibt einfach keine anderen Götter neben ihm in Ewigkeit amen! Das Heilige Franzl, gebenedeit unter den Mittelfeldstrategen der Neuzeit, zeigt auch in dieser Position allen potentiellen Nachfolgern konsequent, was eine Harke ist!

 

Interessanterweise ist es auch genau dieser Franz B., der Vorbehalte gegen die Verpflichtung Ks als Bayerntrainer anführt. Sollte es es als Einziger begriffen haben? Dass es zum Amt des Bundestrainers nur eine Steigerung geben kann? Trainer beim 1.FCB? Und dass die Zeit dafür einfach noch nicht reif ist?

Oder hat Hoeness Klinsmann nur engagiert, um ihn umso vehementer wieder rausschmeissen zu können? Das wäre doch mal eine win-win Situation, wie man sie selbst in Bayern nicht alle Tage aufs Weissbrot geschmiert bekommt: versagt Klinsi, kommt das Jüngste Gericht über ihn, versagt er nicht, ist man mindestens Deutscher Meister! Und rausschmeissen kann man ihn nächste Saison ja immer noch ...

Sicher, was bleibt ist die Vorfreude auf eine satte Bauchlandung des Divers, wenn’s um einen Vollzeitjob geht. Man kann in einer Mannschaft eine künstliche Spannung für einige Wochen aufrechterhalten, aber für eine ganze Spielzeit? Überhaupt gehören Klinsmanns eigentümlich quakende Motivationskünste schon längst auf den Prüfstand gestellt: denn auch das zeigte uns der "Sommermärchen"-Film in aller Gelassenheit: predigte da nicht eher ein Scientologe als ein Fussballehrer? Erinnerte diese bemühte und gequälte Rhetorik nicht eher an das eingeborene Gegenteil des Kaisers? An den Vogts Berti? (Aber was wäre das für ein erhabenes Bild: Vogts und Klinslamm Arm in Arm, mit der Dianethik-Bibel von Ron Hubbard in der Hand, trotzen den Journalisten dieser Welt ... Berti gibt dem Kaninchen noch schnell eine Möhre extra ... und dann schlappt er in die Männerdusche ... mit Kernseife und Adiletten ... und mit NICHTS als Kernseife und Adiletten ...)...

 

Sommermärchen - Budenzauber - Winterpause: Begriffe aus der Welt des runden Leders! Aber ist nicht auch hier die Hoffnung oftmals der schönste Spielzug? Wie im Jahre '06? Als eine ganze Nation - bis auf einen -  so gerne wieder mal Erster geworden wäre ...

Nun, wie wir alle wissen, ist es dann doch ganz anders gekommen: Germanys next Weltmeistermannschaft wurde guter Dritter, der Trainer dampfte beleidigt wieder ab nach Kalifornien. Tja, da war man dann eben nur guter Dritter.

 

Nur zur Erinnerung: vier Jahre zuvor, unter Holzbein Rudi, war man guter Zweiter ...

 

 

 

(wird vielleicht fortgesetzt ...)

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