MadStop@Loser's_Paradi.se

(c)2008 by Sebastian Swampdiver

 

 

 

He that flies shall die

(Shakespeare)

 

 

 

Der tod? Nichts als die glättung einer anomalie …

(brabazon)

 

 

 

1

 

 

 

Ich bin der Mann, der Robin Hood getötet hat.

Ich bin der Mann ohne Namen.

Ich bin die qualifizierte Nachhut, eine hybride Mixtur aus Schreiber und Kämpfer.

Ich bin, alles in allem, der Mann, den die grossen Schlachtenlenker lieber nicht in den ersten Reihen sehen wollen, beim Ansturm der Barbaren.

Und darum bin ich der Mann, den der Sheriff in den kleinen Alkoven hinter dem Brunnen postiert hat, im dunklen Mauerwerk unsichtbar für Briganten, Diebsgesindel und ähnliche Heimsuchungen. Und für alles Sonstige, was heute Nacht über die Schlossanlage des Fronvogts hereinbrechen will: Pinky der Plauderer hatte da einen totsicheren Tipp gegeben ...

Und dann -

Robin stand unmittelbar vor meinem Versteck, er hatte sämtliche Verteidigungslinien wie im Spiel durchbrochen und ich konnte ihn so genau sehen wie mein Spiegelbild im River Tyne an einem hellen Sommertag und er hatte dieses geringschätzige Grinsen des ewig siegreichen Draufgängers im Gesicht und ich wusste genau, dass er mich unmöglich bemerkt haben konnte im dichten Schatten des Mauerwerks und ich hätte in meinem sicheren Versteck bleiben sollen bis zum Jüngsten Tag und doch stand ich plötzlich zwei Schritte vor der Nische ... 

Ich bin der Mann, der aus dem Schatten tritt!

“Bleib stehen! Ergib dich!“, knurrte ich heiser. Robin lachte jetzt tatsächlich, er vollführte mit der linken eine spöttische Begrüssung und funkelte mit der rechten, schwertwirbelnden, einen Sternenregen in die Vollmondnacht.

Robin, der Held.

Ob es wirklich festverbrieftes Recht aller Helden ist, auf den verschlungenen Pfaden ihrer heroischen Laufbahnen all das Fussvolk, das sich ihnen gezwungenermassen entgegenwirft, im Dutzend dahinmetzeln zu dürfen? Hier ein Wachtposten, da ein Schlapphut, das Gute siegt mit blutrotem Schwert, don’t think twice, it’s eh’ alles allright ...

Ein Schwertkampf ist kein Spiel. Jedenfalls keins, nach dem man, sei’s als Sieger oder Verlierer, das Spielfeld verlässt und ins wahre Leben zurückkehrt. Nach einem Schwertkampf ist man schliesslich, statistisch gesehen, zu fünfzig Prozent tot: ein Schwertkampf ist ein evolutionärer Akt!

Und es ist erst recht kein Spiel im Sinne von: der Bessere gewinnt! Vielleicht gewinnt ja der, der seinem Gegner eine handvoll Sand ins Gesicht geworfen hat oder einen Eimer Wasser oder ein totes Schwein. Es gibt keine Regeln in diesem Kampf, es gibt nur zwei Männer, die mit plattgeschmiedeten Eisenstangen aufeinander eindreschen und hoffen, auf irgendeine Art und Weise den Gegner zu überleben. Es gibt Standardbewegungen, die üblichen Finten, Attacken, Reposten und alle tragen sie wuchtige Spezialnamen (ich beherrsche leider nur die beidhändige Zwergparade und die nicht mal sonderlich gut), aber Regeln? Das Regelwerk der Schwertkämpfer  erschafft sich ständig neu beim Geräusch sich kreuzender Klingen und ist so schnell wieder aus dieser Welt verschwunden wie die Eleganz einer nutzlosen Attacke. Virtuelle Gesetze, die keiner jemals aufgeschrieben hat, sie kommen wie der Wind und vergehen wie ein Schrei und wenn sie alle diese Welt wieder verlassen haben, liegt einer der Kämpfer erschlagen in seinem Blut ...

Eine dieser Chimären, die letzte wohl an diesem Abend, musste befohlen haben, dass das kleinere, unelegant geführte und schlecht geschmiedete Billigschwert an gehärteter Klinge, gepunztem Schaft, fester Hand und edlem Wams des begnadeten Gegners reibungslos entlanggleitet direkt in sein heisses Herz hinein und es wild durchbohrt mit einer einzigen, fliessenden Bewegung!

Wer konnte verblüffter über diesen unwahrscheinlichen Ausgang sein als ich? Robin? Gut möglich - ich war es auf jeden Fall länger: Robin lag jetzt tot und gar nicht mehr grinsend am Boden und die Nacht war noch ein bisschen kälter geworden, denn ich, ein unterklassiger Polizist aus Barnsdale, hatte einen Superschurken vom erstohlenen Leben zum Heldentod befördert.

Ich bin der Mann, der Lichtgestalten ausknipst!

In dienstlichem Auftrag! Situationsbedingt! Der reine Sachzwang!

Ich schwöre bei Merlin: genau so war’s!

Ganz aus Versehen ...

Es war aber auch und es war erst recht: der Aufstand des Fussvolks gegen alle Helden dieser Welt!

Mein Handy klingelte.

 

(fortsetzung folgt)

eine Folge vor

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