MadStop@Loser's_Paradi.se

nach einer wahren Geschichte aus der nahen Zukunft

(c)2008 by Sebastian Swampdiver

zu Teil eins

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14

 

  

 

Zur Mittagszeit waren alle wieder versammelt in der Halle des grossen Fressens und ich sass mittendrin. Ich sass an einem Tisch mit einer Kleinfamilie aus Usbekistan. Vielleicht hätte ich sie fragen sollen, was ’päpstlicher als der Papst’ auf usbekisch heisst. Ich stocherte auf meinem Teller herum und taxierte die üblichen Unverdächtigen. Wilma Wasserbomb sass ziemlich nahe am Eingang und liess ihre Umgebung erstrahlen. Norbert aus Bamberg hatte sich einen Fensterplatz gesichert, Sina Sappel konzentrierte sich voll aufs Verputzen und der Diakon hatte es wieder nur bis zu einem Platz in der Nähe der Toilette geschafft. Vielleicht gab’s ja doch sowas wie himmlische Gerechtigkeit.

Nach dem Essen lungerte ich ein bisschen in der Hotellobby herum und verfügte mich dann wieder auf mein Zimmer. Es war einfach nicht zu fassen: den Abend würde ich wahrscheinlich vorm Hotel-TV verbringen. Am nächsten Morgen könnte ich dann immerhin Brabazon von meinen Fortschritten berichten: “... so ward aus Morgen und Primetime der erste Tag.“ 

 

 

Es pisste und schiffte draussen wie aus Badewannen. Ich betrachtete das Regenprogramm und fühlte mich fast wie zu Hause. Es war mal wieder soweit: alles war besser, als aus diesem Fenster starren zu müssen ... das TV-Programm war ähnlich niederschmetternd, also griff ich zu meiner Reiselektüre und begann das Kapitel mit der düsteren Überschrift “Die kosmologische Krise“.

Kurz nach vier klopfte es an meiner Tür. ’Da steht ja doch nur wieder dieses Arschgesicht Brabazon’, dachte ich und öffnete entsprechend missmutig. Da stand aber kein Brabazon. Da stand überhaupt niemand. Vor der Türschwelle lag ein Brief auf dem Teppichboden und das war’s. Ich hob den Umschlag auf und drehte ihn unschlüssig in meinen Händen, als doch noch die bekannte Stimme über mich hereinbrach: “Nun, mein Sohn, haben wir einen geheimen Brief erhalten? Und ich dachte immer, tote Briefkästen würden nur in hohlen Bäumen angelegt.“

“Oder in hohlen Köpfen!“, entgegnete ich ungewohnt aggressiv, aber dieser Typ ging mir nun wirklich vehement auf die Nerven.

“Ach, da wollen wir doch nicht gleich beleidigt sein, war doch nur ein kleiner Scherz von mir. Sie haben doch was in der alten Birne, das sieht doch jeder, oder? Aber sagen Sie mal: sollten wir nicht zusammen in die Sitzung der Namensleider gehen? Die fängt doch gleich an, oder?“

“Ja, müssen Sie denn nicht mal langsam auf ihr Konklave marschieren, Monsieur le Diakon?“ 

entgegnete ich statt einer Antwort, höhnisch wie selten.

“Ach“, wiegelte er wie nebenbei ab, “der Godfather im Vatikan hat wohl Lunte gerochen und nun verschiebt sich die ganze Chose um ein bis zwei Tage ... “

Hatte ich das jetzt wirklich gehört? Jedenfalls muss ich ihn angesehen haben wie vom Papamobil gestreift, denn er gluckste frohgemut: “Na sehen Sie, ich kann doch auch schon reden wie ein Geheimagent, was? Aber nun kommen Sie mal, das wird bestimmt sehr interessant. Und Sie als Kommissar haben da ja ohnehin nichts zu befürchten, nicht wahr?“

Ich hatte einen kurzen flash-back: ich sass im Flugzeug neben diesem Schreckensmenschen und dachte, alles, wirklich alles wäre besser, als aus diesem Aluminiumfenster starren zu müssen ... ich drehte mich um und sah aus meinem Pauschaltouristenfenster: die Palmen auf der Avenida bogen sich in Regen und Wind wie von Pina Bausch choreographiert ... es war tatsächlich alles besser, als hier in diesem Raum zu versauern!

“Okay, warum auch nicht?“ sagte ich und verstaute den Brief in meiner Jackentasche, “ich hol mal eben meinen geheimen Kram und dann können wir sofort los!“

“Ebeneben, warum auch nicht?“ strahlte mich der gute Hirte an und hatte somit schon wieder das letzte Wort. Das musste aber langsam mal aufhören.

 

 

 

 

 (fortsetzung folgt)

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